Einfaches Wohnen-Projekt trifft auf Gegenwind
Kontroverse an Gemeindeversammlung
23.8.2023, Yvonne Russi
Reportage
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Yvonne Russi
Bei der jüngsten Gemeindeversammlung von gestern standen emotionale Debatten und kontroverse Diskussionen auf der Tagesordnung. Das Flüchtlingsunterkunftsprojekt „Einfaches Wohnen“ und ein neues Videoüberwachungsreglement spalteten die Meinungen. Während die Videoüberwachung Zustimmung fand, droht dem "Einfaches Wohnen"-Projekt nun ein juristischer Nachhall.
Yvonne Russi
Flüchtlingsunterkunft: Das Projekt „Einfaches Wohnen“
Zwei Themen standen auf der Traktandenliste dieser ausserordentlichen Gemeindeversammlung, wobei das Projekt "Einfaches Wohnen" zuerst behandelt wurde. Dieses Bauprojekt wird am 22. Oktober der gesamten stimmberechtigten Bevölkerung von Glattfelden zur Abstimmung vorgelegt. An der gestrigen Versammlung ging es um eine Entschlussfassung einer Abstimmungsempfehlung zugunsten der Urnenabstimmung. Die Frage: Empfiehlt die Gemeindeversammlung den neuen, angepassten Baukredit von CHF 5'270'000 für die Flüchtlingsunterkunft den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Annahme oder zur Ablehnung?
Nachdem das bereits bewilligte Projekt wegen einer drohenden Kostenüberschreitung zurückgezogen werden muss, stellte Gemeinderat und Vorsteher für Hochbau und Planung Christian Meier den neuen Baukredit vor. Er erklärte die Gründe für das erhöhte Kostenbudget (CHF 5'270'000 statt ursprünglich CHF 4'125'400).
Während der anschliessenden Diskussion wurden Bedenken geäussert, dass das Projekt nur für 47 Personen konzipiert ist, obwohl Glattfelden seit dem 1. Juni gesetzlich verpflichtet ist, 68 Flüchtlinge aufzunehmen. Auf die Frage, ob das Projekt erweitert werden könne, antwortete Meier, dass eine Erweiterung neben dem bestehenden Gelände möglich sei, da das angrenzende Land im Besitz der Gemeinde ist.
Eine weitere Diskussion entstand rund um die Idee, Container als Unterkunft zu nutzen, ähnlich wie es in anderen Gemeinden praktiziert wird. Ein aktualisiertes Angebot für eine solche Lösung zeigt jedoch, dass diese Variante mit 4.5 Millionen Franken (ohne Land-, Fundament- und Anschlusskosten) teurer als das "Einfaches Wohnen"-Projekt mit einem Werkpreis von 4 Millionen wäre.
Diese Argumentation stiess auf Widerstand, da an der Gemeindeversammlung vom 15. März 2022 eine Containerlösung für rund 2.2 Millionen präsentiert wurde. Warum die Kosten sich in einem Jahr verdoppelt hatten, wurde mit einer nun vergleichbaren Nutzungsdauer von rund 35 Jahren begründet.
Tommy Hafner schlug vor, das Projekt aufgrund zu vieler ungeklärten Fragen zurückzuweisen. Auf dieser Antrag wurde jedoch nicht eingegangen, da der Gemeinderat der Ansicht war, dass alle wesentlichen Fragen geklärt seien. Dabei verwies Gemeindepräsident Marco Dindo auf den entsprechenden Paragraphen des Gemeindegesetzes.
Am Ende sprachen sich 52 Anwesende gegen und 28 für eine positive Empfehlung des "Einfaches Wohnen"-Projekts bei der kommenden Urnenabstimmung aus.
Kommentare
Christian Ulrich
2896
So geht's nicht!
Die Aussagen von Löwenwirth Palmeri und Gemeindepräsident Dindo sind so widersprüchlich, dass es ganz dringend einer Klärung bedarf! Der Gemeinderat muss sich so bald wie möglich Aug in Auge den offenen Fragen von uns Glattfeldern und Glattfelderinnen stellen. Tut er das nicht, verliert er sein Gesicht. Und angesichts anderer anstehender Probleme kann er sich das schlicht nicht leisten!
Attila Radasits
2888
Korrekt ad absurdum
Seldwyla
Charlotte Kym
2884
Löwen
Ich kann es nicht glauben, dass die Gemeinde nicht gewillt ist, notwendige Reparaturen durchzuführen, und wenn sich der Wirt über die Medien beschwert, wird ihm gekündigt. Ich esse oft im Löwen, und der Wirt macht einen guten Job mit seiner italienischen Küche und ist weit bekannt. Ich schäme mich für die Gemeinde.
Pascal Ferrazzini
2884
Auf den Punkt
Hoi Susanna
Du bringst es absolut genau auf den Punkt. Weil der Gemeinderat schlicht keine konstruktive Lösung suchen will, schliesst nun "unser" geliebtes Il Duetto... und eigentlich geht das so nicht. Die sind nicht gewählt worden, um über die Köpfe der Bevölkerung hinweg Entscheidungen zu treffen, die sich derart falsch anfühlen!
Wertschätzung, Kooperation und Interesse sind allerdings nicht gerade die passendsten Attribute zu unserem Gemeinderat. Wohl eher Schnellschuss wie es einem gerade passt - Kritik aussitzen - weiter wursteln.
Liebe Grüsse Pascal
Christian Wüst
2883
Verstehe ich nicht
Naja, irgendwie gebe ich Herrn Weiss absolut recht. Auf der anderen Seite verstehe ich nicht, wieso ein Selbständiger Unternehmer nicht auch mal eine Rolle und weisse Farbe in die Hand nehmen kann.
Ich war selbst über 10 Jahre mit einer Bar selbständig, natürlich ausserhalb Glattfelden. Ich musste immer alles selbst organisieren. Man kann ja auch das Gespräch suchen und eine Rechnung bei der Gemeinde einreichen, natürlich nach Vorabklärung. Mich würde so ein Zustand dermassen mögen, dass ich das schon längst behoben lassen hätte.
Gegenseitige Schuldzuweisung und Forderungen nützen meist nie etwas im Leben. Die Pinas werde ich zwar vermissen, jedoch wurde auch laufend das Konzept geändert, dass ich nicht mehr wusste, was eigentlich galt. Im gleichen Monat Pizza und Salat abholen ging einmal. Beim Zweiten Mal gab es keinen Salat mehr, ohne dass es irgendwie laut in der Küche wurde (à la Mamma Mia usw.) Ich persönlich freue mich auf die neuen Pächter und frage mich zugleich, ob unsere gewählten Personen noch mehr Gewerbe aus Glattfelden raushaben möchten. Zuerst die Badibeiz und jetzt das.
Daniel Martinelli
2883
Konkordanz oder doch Filz?
Die Frage, wie es dazu kommen kann, erübrigt sich. Falsch verstandene Konkordanz wird schnell zu Vetternwirtschaft und Filz. Wenn mir sogar eine Vertreterin der SP Fraktion (Michèle Dünki-Bättig) schreibt, ich müsse Verständnis für die Situation zeigen und hätte nur einen einseitigen Einblick in die Problematik, dann kriege ich schon etwas Bluthochdruck. Zumal letzteres überhaupt nicht der Fall ist. Ich verfolge diese Odyssee bereits seit Vincenzo die Pacht vom Löwen begonnen hat. Es ist wirklich ein jämmerliches Trauerspiel was die Gemeinde Glattfelden da in den vergangenen Jahren veranstaltet. Es ist für mich offensichtlich, dass die aktuellen Akteure im Gemeinderat, nicht gut für die Allgemeinheit in unserem Dorf agieren. Wollte der Gemeinderat mit seiner Empfehlung vor ein paar Jahren noch das Schulhaus Zweidlen opfern um Kies abzubauen (wurde an der Gemeindeversammlung mit grosser Mehrheit abgeschmettert), muss nun der beste Koch unserer Region unter der Inkompetenz leiden. Man muss sich wirklich fragen, ob der Gemeinderat im Interesse der Bevölkerung, oder im Interesse des Kapital handelt.